Wirtschaftsverbände im Pustertal sprechen sich geschlossen gegen eine pauschale Verurteilung des Tourismus aus.

Es ist richtig, dass es auf der Pustertaler Staatsstraße im heurigen Jahr häufig zu Verkehrsproblemen kommt, bedingt vor allem durch die Bauarbeiten zur Realisierung der Riggertalschleife und den bereits abgeschlossenen Sanierungsarbeiten an der Riggerbrücke, es ist ebenso richtig, dass sich der Mittelstand in Südtirol schwertut, sich ein Eigenheim zu leisten oder eine Mietwohnung zu einem angemessenen Mietzins zu finden und es ist ebenso korrekt, dass wir in Südtirol im Schnitt höhere Lebenserhaltungskosten haben als im restlichen Staatsgebiet. Es ist jedoch falsch dafür allein den Tourismus verantwortlich zu machen, sind sich alle Wirtschaftsverbände des SWR-Pustertal einig.

Verkehrsmessungen des Landesinstitutes für Statistik ASTAT zeigen etwa, dass ein großer Teil des Verkehrsaufkommens durch heimische PKWs verursacht wird und dass es sich beim LKW-Verkehr überwiegend um Zielverkehr handelt, was wiederum bedeutet, dass für jeden Haushalt wichtige Wirtschaftsgüter in das Pustertal transportiert werden. Laut der Universität Bozen zeige die Auswertung der Daten des Landesinstitutes für Statistik ASTAT für die Jahre 2002 – 2019, dass das Verkehrswachstum in Südtirol sehr maßgeblich durch das Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaftsleistung getrieben war. Der Tourismus trägt demnach deutlich weniger zum Verkehr bei als vielfach angenommen.

Genauso wenig ist der Tourismus allein für die hohen Immobilienpreise verantwortlich. Es ist längst nachgewiesen, dass ein wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang die geografischen Gegebenheiten sind. Die bebaubare Fläche ist dabei im Vergleich zur Gesamtfläche Südtirols äußerst begrenzt, lediglich 2,8 Prozent der Fläche sind besiedelt. Zudem verteilt sich die hohe Nachfrage auf einige wenige Ballungsräume. Dies führt naturgemäß zu einem sehr hohen Preisdruck. Dass in bestimmten Gemeinden die Privatzimmervermietung über Plattformen wie Air B&B ihren Teil dazu beiträgt, dass dieser Druck noch weiter steigt, ist auch den Wirtschaftsverbänden schon länger ein Dorn im Auge. Denn auch die Wirtschaft leidet unter den hohen Miet- und Immobilienpreisen. Durch die überhohen Wohnkosten wandern viele Arbeits- und Fachkräfte ins Ausland ab oder kommen erst gar nicht nach Südtirol, um hier zu arbeiten.

Anstatt immer wieder mit dem Finger auf einzelne Wirtschaftssektoren zu zeigen und diesen die alleinige Verantwortung für sämtliche Fehlentwicklungen in die Schuhe zu schieben, sollte man sich vielmehr an einen Tisch setzen und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Gleichzeitig müsse man sich vor Augen halten, dass der Tourismus in Südtirol ein wirtschaftlicher Impulsgeber vor allem auch in ländlichen Räumen ist, Arbeitsplätze sichert und schafft. Wenn man bedenkt, dass unsere Städte und Dörfer immer noch lebendige Ortskerne haben und über 90 Prozent der Unternehmen in Südtirol kleinstrukturierte Familienbetriebe sind, so ist dieser Umstand sicherlich auch auf die touristische Entwicklung zurückzuführen.

Dass von Overtourism an manchen Orten im Land zu bestimmten Hochsaisons Zeiten – wenige Wochen im Jahr – gesprochen wird, ist verständlich. Vor allem das massive Verkehrsproblem des Pustertals ist aber die Ursache dieses gefühlten ‚zu Viel‘. Wir möchten daran erinnern, dass die Tourismusbranche seit Jahren sehr wohl selbst bemüht ist, Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen, z.B. Einführung der Bettenobergrenze, Regulierung bestimmter Hotspots wie Prags, Saisons Entzerrung durch nur noch Bewerbung der Randsaisonen. Genauso tragen Phänomene wie das Wildcampen und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Landschaftsbild dazu bei, dass die Menschen das Gefühl haben, dass das gesunde Maß überschritten ist. Auch hier sei man im HGV und im Südtiroler Wirtschaftsring schon seit Jahren aktiv und setze sich für Lösungen bzw. für strengere Kontrollen ein. Man solle weniger pauschalisieren und mehr faktenbasiert die Probleme angehen, und zwar gemeinsam, zeigt sich die Wirtschaft im Pustertal überzeugt.

Author: SWR